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Ein Gespräch mit Bernhard Burgener in seinem Büro in Pratteln BL ist mit einem Vulkanausbruch vergleichbar. Bernhard Burgner Zuerst verläuft alles in geordneten Bahnen: Der 60-jährige Unternehmer und Präsident des FC Basel gibt ruhig und überlegt Auskunft. Ganz langsam steigert sich sein Erzähltempo jedoch, Stimme und Gestik werden emotionaler bis es ein erstes Mal aus ihm herausbricht. Dann springt er aus dem Raum, holt den ersten (natürlich erfolgreichen) Businessplan und verweist bei seiner Rückkehr stolz darauf, dass er den noch fein säuberlich mit der Schreibmaschine verfasst habe.
Von da an ist Burgener nicht mehr zu halten, ohne Punkt und Komma spricht er über Geschäftsmodelle, Visionen, Emotionen, schiebt hier einen Nebensatz ein, der sogleich ein neues Thema eröffnet, und muss dort noch unbedingt das Konzept erklären, weshalb er etwas in Angriff genommen hat. Der Basler ist Feuer und Flamme bei allem, was er tut.
Bernhard Burgener, jahrelang legten Sie Wert darauf, im Hintergrund zu agieren. Nun sind Sie davon abgekommen.
Es ging nicht anders. Im Fussball stehst du automatisch im Fokus, erst recht, wenn das Schiff in diesem Fall der FC Basel einen Sturm durchfährt. Dann gehörst du als Chef auf die Kommandobrücke. Aber es kommen auch wieder ruhigere Zeiten. Und das ist gut so. Im Mittelpunkt sollen die Mannschaften des FCB stehen und nicht ihr Präsident.
Und wie lebt es sich damit, plötzlich so exponiert zu sein?
Ich bin nun seit 35 Jahren in der Unterhaltungsindustrie tätig. Da weiss ich, dass das dazu gehört. Aber ich dränge mich nicht vor. Wichtig ist, dass wir beim FCB unseren Fans Freude bereiten.
Das gelang in dieser Saison nur zwischendurch. In der Meisterschaft verärgerte der FCB seine Fans mit ungewohnten Niederlagen. Nach acht Meistertiteln in Serie muss er sich mit Platz 2 begnügen.
Jetzt müssen wir die Kirche im Dorf lassen. Unser Konzept sah vor, dass wir das Kader verkleinern und gleichzeitig mehr junge Spieler aus dem FCB-Campus und erfahrene Fussballer aus der Region eine Chance erhalten, um die Identifikation mit dem Verein wieder zu erhöhen. Mindestens sechs sollten es sein, momentan sind es elf. Das war uns wichtig und da sind wir voll auf Kurs. Es war immer klar, dass es eine Phase des Umbruchs gibt. Wir haben zwar den Meistertitel nicht verteidigen können und auch im Cup sind wir ausgeschieden, aber wir haben die bisher erfolgreichste Champions-League-Saison der Clubgeschichte mitgeschrieben mit fünf Siegen unter anderem gegen Manchester City, Manchester United und gegen Benfica Lissabon. Das darf nicht vergessen gehen.
Sie standen auf der Kommandobrücke zeitweise arg in der Kritik.
Ach, das haut mich nicht um. Bernhard Burgner Ich bin mir heftige Reaktionen aus dem Filmgeschäft gewohnt. Auch da halten die Zuschauer und Medien nicht mit Kritik zurück, wenn ihnen ein Streifen nicht gefällt. Also alles im grünen Bereich.
Sie sind an so vielen Fronten tätig. Schlafen Sie auch nur vier Stunden, wie das zahlreiche Wirtschaftsgrössen und Politiker tun?
Also sechs Stunden müssen es sein. Ich habe bei allen Firmen stets darauf geachtet, gute Mitarbeiter zu finden und ihnen Verantwortung zu übertragen. Das entlastet mich enorm. Beim FCB ist es nicht anders. Wobei ich dort mehr Zeit an den Spielen verbringe als mit Verwaltungsratssitzungen. Als einer der ersten Besitzer einer Loge war ich schon vorher bei fast jedem Match dabei, wenn es sich einrichten liess.
Worauf müssen Sie wegen all Ihrer Tätigkeiten verzichten? Bernhard Burgner
Auf nichts. Ich gehöre zu den Glücklichen, die das Hobby zum Beruf machen durften. Ich war Musikfan, spielte in einer Band Gitarre und sang manchmal mit grossem Spass und wenig Talent. 1978 gaben wir sogar ein Album heraus.
Kann man das irgendwo hören?
Gerne, aber auf eigene Gefahr. (Lacht.) Und auslachen dürfen Sie mich auch nicht. Musik interessiert mich. Ich liebe Filme und ich schaue gerne Fussball. Deshalb empfinde ich es als grosses Glück, dass ich diese Interessen tagtäglich auch im Beruf ausleben kann zusammen mit grossartigen Menschen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mir wichtig. Geht es ihnen gut, geht es auch der Firma gut. Wir haben in meinen Firmen kaum Fluktuation. Soeben haben wir bei der Highlight Communications neu eingeführt, dass man nicht automatisch mit 65 pensioniert wird. Wer will, darf mit einem reduzierten Pensum weitermachen bis im Alter von 68 Jahren mit 80 Prozent und zehn Wochen Ferien. Und danach bis 70 mit 60 Prozent.
Andernorts will man ältere Mitarbeiter loswerden, Sie hingegen beschäftigen sie weiter.
Ja, aber nochmals: Das Ganze läuft auf freiwilliger Basis. Wer will, kann auch mit 65 aufhören. Ich finde, man muss Sorge tragen zum ganzen Rentensystem in der Schweiz. Wir werden immer älter, was ein Glück ist, und beziehen länger Rente. Da kann es doch nicht aufgehen, wenn sich alle mit 65 pensionieren lassen. Mir ist klar, dass ein Bauarbeiter nach rund 40 Jahren draussen bei Wind und Wetter normalerweise mit 65 aufhören will. Bei einem Büroangestellten sieht das aber anders aus. Weshalb soll er nicht weiterarbeiten dürfen?
Sie arbeiten mit Ihren Leuten langfristig zusammen. Und da engagieren Sie sich ausgerechnet im Fussball, wo alles so kurzlebig ist vor allem auf der Trainerbank?
Helmut Benthaus war von 1965 bis 1982 17 Saisons hintereinander Trainer beim FC Basel, das fand ich grossartig. Ich schaue mir stets das grosse Bild an und da muss ich sagen, dass ich mit Sportchef Marco Streller, seinem Team und Raphael Wicky sehr zufrieden bin. Es ist nicht fair, dass alle immer nur auf dem verpassten Meistertitel herum- hacken. Ich habe gesehen, wie sich die Menschen in der Champions
League nach dem Benfica-Spiel in den Armen lagen. Fantastisch, dass wir das erleben durften! Auch wirtschaftlich war es für den Verein ein Volltreffer: Diese Erfolge in der Königsklasse haben 32 Millionen Franken in die Kasse gespült. Und wir haben intakte Chancen, dass wir
Herr Burgener
dass wir das in der nächsten Saison nochmals erleben dürfen. Auch wenn wir dafür drei Runden in der Qualifikation überstehen müssen
Herr Burgener, Sie reden sich gerade so richtig in Rage.
Nein, nein, nicht in Rage. Aber die Kritik bewegt sich manchmal schon auf hohem Niveau. Ein Beispiel: Viele kritisieren, dass wir Manuel Akanji nicht schon in der Winterpause zu Dortmund hätten ziehen lassen dürfen; das sei einer der Gründe, weshalb wir den Meistertitel verspielt hätten. Dabei war er nicht mehr zu halten. Dortmund wollte ihn unbedingt, er selber wollte es. Aber auch ohne ihn haben wir die statistisch beste Verteidigung der Super League. Also kann es nicht an diesem Wechsel liegen, dass wir nach der Winterpause nicht in die Gänge kamen. Viel schwerer wog, dass wir uns zu wenige Torchancen erspielten und Ladehemmung in der Offensive hatten.
Was ist Ihnen heilig?
Die Ferien mit meiner Familie. Im Winter gehen wir eine Woche Ski fahren. Im Sommer verbringen wir die Ferien gerne im Tessin. Ich war schon an so vielen Orten auf dieser Erde. Bernhard Burgner Aber das Tessin ist unser Lieblingsferienort. Wichtig ist mir auch das Finalwochenende am Eurovision Song Contest. Da bin ich immer dabei, so wie dieses Mal in Lissabon.
Die Veranstaltung ist mittlerweile hochgradig politisch.
Auch hier ist die öffentliche Wahrnehmung verzerrt. Die Menschen glauben, dass die Ukraine und Russland sich bei diesem Wettbewerb bekriegen. Stimmt überhaupt nicht! Als die Ukraine 2016 in Schweden gewann, stimmten die russischen Anrufer am zweitmeisten für das Nachbarland. Und umgekehrt gaben die Ukrainer die meisten Stimmen an Russland.
Nennen Sie uns zum Abschluss Ihre drei Lieblingsfilme!
Les choristes, den Arthur Cohn produzierte. Dann Insider mit Al Pacino und Russell Crowe. Beim dritten entscheide ich mich für Winnetou. Den sah ich als Primarschüler in den Sechzigerjahren. Wir hatten keinen Fernseher, es war mein erster Film überhaupt. Ich war überwältigt. Seitdem begeistern mich gute Filme.
Medienmogul - Tanz auf vielen Hochzeiten
Mit 25 Jahren kaufte sich der gelernte Spediteur Bernhard Burgener ein paar Karl-May-Filme. Jeder kostete zwischen 150 und 240 Franken ein viel zu teures Vergnügen fand er. Also eröffnete er in Allschwil BL einen Videoverleih. Nach 15 Monaten hatte Burgener sechs Filialen gegründet. Nach deren Verkauf startete er die Videovertriebsfirma Rainbow, die heute zum Gebilde der von ihm präsidierten Highlight Communications gehört. Burgener vermarktet unter anderem die Champions League, ist im Filmbusiness tätig ( Constantin Film ) und besitzt ein Marmorwerk im Südtirol. Seit 2017 ist der Vater von Robin (19) und Ramona (15) auch Präsident des FC Basel.
Bernhard Burgeners schönste Fussballspiele
Sicher das 5:0 zu Hause gegen Benfica Lissabon in dieser Saison. Da verstand ich die Welt nicht mehr, vor allem beim Tor von Dimitri Oberlin, als er über das gesamte Feld sprintete.
Dann das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien an der letzten WM. Constantin Film durfte für die Fifa und den DFB den WM-2014-Kinofilm Die Mannschaft ins Kino bringen. Dieser fängt damit an, dass die deutschen Spieler nach dem Spiel ihre Gegner trösten.
Schliesslich war da noch der Champions-League-Final zwischen der AC Milan und dem FC Liverpool, den ich 2005 in Istanbul zusammen mit Gigi Oeri auf der Tribüne erlebte. 3:0 stand es für Milan zur Pause. Gigi prophezeite, dass der FC Liverpool noch ausgleichen werde und am Schluss das Spiel nach Verlängerung im Penaltyschiessen gewinnen würde. Bernhard Burgner Sie war so felsenfest davon überzeugt, dass sie in der Pause gar eine Wette darauf abschloss. Genau so kam es auch heraus: Am hiess es 5:6 für Liverpool im Penaltyschiessen. Das sind Geschichten, wie sie nur der Fussball schreibt.
https://www.coopzeitung.ch/themen/leute/interview/2018/bernhard-burgener-es-kommen-wieder-ruhigere-zeiten-35217/
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